Marilyn


Unlängst ging ich über einen sehr alternativen und preisgünstigen Trödelmarkt und kaufte ein gerahmtes Plakat von Marilyn Monroe. Die Farbzusammensetzung und der Schriftzug Andy Warhol machten einiges her. Ich hielt das Bild perfekt für den laaaangen Flur meiner Prenzlauer Berg Wohnung. Da hatte ich noch nicht mit dem Kleenen gerechnet, der stark geschminkte Frauen nicht ausstehen konnte, für ihn waren das alles Hexen, die furchterregend wirkten.

Nach einigen Versuchen hatte ich einen Nagel drin und hängte das Bild auf. Es sah absolut gelungen aus, die Stelle war perfekt von einem Bild dieser Größe und sogleich bekam der Flur einen künstlerischen Anstrich. Die herumliegenden Schuhe, Reste von Eintrittskarten, Fahrradhelme und alte Fahrradschlösser, verloren ihre Schlampigkeit durch Marilyn. Ich war absolut zufrieden und fragte den Kleenen nach seiner Meinung.

Er sagte anfangs gar nichts, nach einer Weile meinte er lethargisch auf seinem Bett sitzend, dass er Angst hätte. Der Grund war Marilyn, die direkt in sein Zimmer schaute und gruselig aussah. Die Augen, der Mund, zu über betont, die Haare zu blond. Ich meinte, dass er die Tür zumachen könnte, doch das wollte er auf keinen Fall. Er machte die Tür nie zu, außer es gab triftige Gründe, wie der Geheimbund der Handyspieler traf sich.

Ich versuchte mich in ihn hineinzuversetzen und es gelang mir. Auch ich bekam wahnsinnige Angst vor Marilyn. Sie war das Sexsymbol, die kleine Blonde, die jeden Typen abbekam, sogar den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ich stellte mir vor, wie mein neuer Freund nur noch an ihren Lippen hing und mich keines Blickes mehr würdigte. Ängstlich zitternd nahm ich das Bild ab und stellte es ganz weit weg in eine sehr dunkle Ecke des Flurs.

Nach einigen Tagen holte ich es wieder raus. Es war genug bestraft wurden. Ich brachte es an anderer Stelle an, da wo ich und der Kleene unseren Blick abwenden konnten, da wo man jeden Morgen hineinschaute und sagt hach wäre ich doch im Bett geblieben und hätte etwas Schönheitsschlaf genossen.

Marilyn hängt direkt neben dem Spiegel. Ich weiß wirklich noch nicht, ob das gut oder schlecht ist. Schaue ich besser weg oder vergleiche ich mit mir? Bekomme ich Minderwertigkeitskomplexe oder will ich jetzt ebenso strohblonde Haare? Verscheuche ich meinen neuen Freund und mache mich an den Präsidenten der USA ran? Viele Fragen sind offen und die Erkenntnis daraus ist, dass man auf jeden Fall immer gut überlegen sollte, was man sich an die Wand macht, denn es kann weitreichende Folgen haben.

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