Gespräche mit dem Kleenen


 

Dagobert Duck und der Frühstückstoast

Der Kleene und ich sitzen schweigend am Frühstückstisch. Er reibt sich die Augen und gähnt.
Ich starre versunken auf die verschiedenen Schrifttypen der Kaffeetasse. Sie rollen braunfarben von links nach rechts und wieder zurück. Im Hintergrund läuft das Radio.
„Noch müde?“, schmiere ich die Butter auf den Toast. Nachdenklich wechsle ich den Blick zwischen dem zerlaufenden Fett und dem angestrengten Augenzwinkern des Kleenen.
Er sagt nichts, keinen Ton. Gebannt starrt er auf die Marmeladenschicht, die ich nachträglich auftrage. Plötzlich ein Piepsen und Quietschen. Die Stimmbänder werden angekurbelt, in Bewegung gesetzt.
„Mama, Luise hat beim Leseprojekt ein Buch vorgestellt, dass Luise heißt“, kichert er.
„Aha“, beende ich den Brotstrich und übergebe ihm die Nahrung.
„Mama, kannst du mir bitte die Marmelade bis an die Ecken streichen!“, fordert er das perfekt geschmierte Brot ein.
„Wieso denn? Da kannst du gar nicht anfassen. Das klebt voll an deinen Fingern. Und überhaupt ist das mal wieder einer deiner seltsamen Rituale, die du dir abgewöhnen solltest.“
„Trotzdem“, begehrt er auf.
„Wie du willst“, greife ich nach dem Brot und ratsche das Messer bis an die äußersten Ränder. Gekonnt hantiere ich den Toast auf seinen Teller. Guten Appetit wünsche ich in tiefer Tonlage.
„Mama, weißt du was ich mache. Soll ich es dir verraten,“streift mich ein funkelnder Blick.
„Ja Kind, besser gesagt nee. Wovon redest du eigentlich?“, frage ich unsicher.
„Na, von dem Buch.Ich stelle ein lustiges Taschenbuch vor. In der Geschichte versucht Dagobert an einen Schatz zu kommen. Donald soll ihm dabei helfen.“
„Du willst ein Comic vorstellen? Ist das nicht ein bisschen doof mit vorlesen. Ich meine die Kinder sehen ja nicht die Bilder“, ziehe ich die Augenbrauen nach oben.
„Ist mir doch egal. Das ist mein Lieblingsbuch.“
„Vielleicht solltest du erst Mal deine Lehrerin fragen, ob das geht“, beurkunde ich die mütterlichen Zweifel.
„Nee, das mache ich nicht. Sie hat gesagt kein Star Wars, mehr nicht.“
„Wenn du meinst. Wie geht es Thomas eigentlich?“, versuche ich das Thema zu wechseln.
„Gut“, sagt der Kleene. „Vor kurzem kam er mit einem Packen voller Geld, Fünfziger und Hunderter Scheinen.“
„Wie, was?“ horche ich auf. Wo hat er das denn her. Ist er reich?“
„Gearbeitet, aber reich ist er nicht. Reich ist Dagobert. Er hat einen ganzen Tresor voller Geld. Er kann sogar drin schwimmen.“
Ich nicke. Da hat der Kleene vollkommen Recht. Mit einem Packen voller erarbeiteter Scheine ist man nicht unbedingt reich. Zieht eine Regenwolke auf, kommt ein Windstoß ist das ganze Papier weg. Die große Sinnfrage lautet, bezieht sich das Reichsein auf einen Prozentsatz an Münzen und Scheinen, auf materielle Werte, oder sollte ich als weiterdenkendes Wesen auch die anderen Sachen wie Liebe, Zusammenhalt, Zufriedenheit ins Auge fassen?
Diese tiefgründigen philosophischen Zusammenhänge werde ich mit dem Kleenen bei einem weiteren Toastbrot klären, aber nur wenn die Marmelade sich schön abseits der Ränder verdickt.

 


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