Die Jugend von heute. Die Alten und die die gerade mal jung waren, ziehen über die pubertierende Jugend her, stellen sie in Frage und kennen nichts als Schimpf und Schande. Ist es wirklich so? Sind die 13 bis 17 jährigen, passiv, destruktiv, ohne Willen zur Kommunikation und Teilnahme an der Gesellschaft. Ein Bestandstest.
Justin hat die erste Seite eines Abenteuerromans aufgeschlagen. Sein Gesicht…, Stirnrunzeln und eine hängenden Unterlippe. Fast sieht es so aus, als ob er zum Lesen der ersten Seite gezwungen wurde. Jedoch empfindet er zunehmend Gefallen an der Geschichte. Er lächelt und begleitet einen Satz, der wahrlich eine Aha Reaktion in ihm auslöst, mit einem Handschlag zentral zur Stirn. Dank dessen, die Runzeln verschwinden. Ja, Justin ist regelrecht begeistert. Die Geschichte, der Aufbau und die Rhytmik machen ihn zu einem Fan „Ich kann schon lesen.“ Lehrer, Autoren, hätten ihre wahre Freude an ihm. Die Emotion und das unabdingbare Festhalten am Wort, machen ihn zum Helden des Tages. Doch nach solch atemberaubender Achterbahnfahrt durch Wort, Gedankenstrich und Punkt, entscheidet Justin sich schweren Herzens eine Limo aus dem Kühlschrank zu holen. Morgen, so beschließt er, wird er sich Seite Zwei zuwenden.
Marie und Körperhygiene. Von langen, künstlichen Nägeln und Farbe im Gesicht hält Marie nichts. Sie steht voll und ganz auf Natürlichkeit. Das heißt ihr Äußeres ist geprägt von einer naturgegebenen Unauffälligkeit. Allmorgendlich schaut sich im Spiegel an. Kurz, ganz kurz. Dann nimmt sie den blaufarbenen Waschlappen, zwirbelt ihn dreimal im Seifenwasser und geht damit direkt unter ihre Achseln. Dort schrubbt sie von oben nach unten, von rechts nach links, bis die Poren aufgeweicht und geöffnet sind. Ein wohliges Gefühl umgibt sie. Manchmal, ganz heimlich benutzt sie anschließend, nach der Trocknung der Achselgegend, welches sie mit einem schrubberartigen Handtuch ausführt, ein Deodorant. Es gehört ihrer Mutter. Wenn die wüsste.
Thorsten unternimmt einen Spaziergang. Dabei schleudert er die Beine so richtig nach vorn. Ist das ein Vergnügen. Er dreht und wendet er seinen Kopf. Die Schaufenster laden wie der Name sagt, zum Schauen ein. Er guckt was das Zeug hält. Kaufen tut er nichts, nur staunen. Manchmal entfleuscht ihm ein Ahh und ein Ohh. Ebenso grüßt er entgegenkommende Passanten. Dann hilft er einer alten Frau über die Straße und lässt freiwillig seine Haartolle vom Wind verstrubbeln.
Lisa bestellt sich in der Disko ein Mineralwasser. Es prickelt leicht und bringt einen richtig auf Touren. Trinkt Lisa Mineralwasser, traut sie sich die Jungs anzuquatschen. Sie lädt sie an die Bar zu einem dopppelten Mineralwasser ein und hat damit gleich ein Gesprächsthema: Mineralwasser. Die Jungs sind hellauf begeistert, und möchten Lisa näher kennen lernen. Meist verabreden sie sich im Rosengarten. Hat der Wetterbericht Regen angesagt, bleibt als angenehmer Treffpunkt die Bibliothek. Dort ist das Reden nicht sonderlich gern gesehen, umso besser und intensiver kann Lisa mit den Augen sprechen. Sich anschauen, Augenkontakt haben und die Seele ergründen macht Lisa richtig Spaß.
Leon hat den ganzen Heimweg mit sich selbst geredet. Das ist richtig super. Endlich kann er sich alles mal sagen, alles das was er sich noch nie getraut hat. Wie hübsch er sich findet, was für Muskeln er hat und wie gern er mit dem Kleinen da unten spielt. Während er das sagt hat, wird ihm ganz heiß und kribbelig. Leon hat sich vorgenommen, dass mindestens zweimal in der Woche zu machen!
Jessica spricht ebenso gern mit ihren Eltern. Die drei quatschen, lachen und hauen dabei richtig auf den Tisch. Sie gesteht ihnen, dass sie nichts über Verhütung und Küssen weiß. Die Eltern lachen und sagen, dass alles seine Zeit hat. Jessica stimmt in das Lachen mit ein. Nach dem Gespräch geht Jessica in ihr Zimmer, gießt die Blumen und spricht mit ihnen. Sie schaut, ob das Kräuterbüschel gewachsen ist. Sie hat Pfefferminze und Rosmarin angepflanzt. Ganz vorsichtig streckt sie Daumen und Zeigefinger, schwupps ist eins der Blättchen abgezupft. Sie nimmt es in den Mund, kaut genüsslich und spuckt es wieder aus. Gut für den Kreislauf sagt die Mutti.
Justin, Marie, Lisa, Leon und Jessica sind nicht die Einzigen denen es so geht. Es gibt viele mehr.
Buntheit in den Facetten ihres Seins. Sie sind Klasse und ja, die Alten Besserwisser, zugehörend meine Wenigkeit, haben sie furchtbar lieb.